Drei Tage vor den Wahlen- das griechische Wahlsystem
Nach einem speziellen Präsidentenerlass wurde am 11. April 2012 das griechische Parlament aufgelöst und damit offiziell der Wahlkampf eingeläutet. Das markierte das Ende des 13. Parlaments der Dritten Griechischen Republik, die 1974 nach dem Ende der Militärdiktatur ausgerufen wurde. Die vorgezogenen Wahlen werden am kommenden Sonntag, den 6. Mai stattfinden, wobei das neue Parlament offiziell am 17. Mai einberufen wird. Das Wahlgesetz 3626/2008 führt nur eine wichtige Änderung ein: es sichert der erfolgreichsten Partei 50 zusätzliche Sitze zu.
Jedoch muss darauf hingewiesen werden, dass dieser „Bonus“ nur für eine Einzelpartei und nicht für eine Parteienkoalition gilt. Voraussetzung für den Einzug ins Parlament ist die Überschreitung der Drei-Prozent-Hürde. Im Gegensatz zum deutschen Wahlsystem hat der Wähler in Griechenland nur eine Stimme. Im 300-köpfigen Parlament werden 288 Abgeordnete in Parteilisten gewählt, die übrigen 12 auf gesamtstaatlicher Ebene. Nach den Angaben des Innenministeriums sind 9.850.802 Bürger wahlberechtigt. Die Wahlteilnahme ist obligatorisch; trotzdem zieht ein Verstoß keine strafrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Sanktionen nach sich. Ausschlaggebend für die Erzielung einer eigenen absoluten Mehrheit im Parlament ist nicht nur die Zahl der Parteien, die mehr als 3 Prozent der Stimmen erhalten, sondern auch die Wahlstärke der Parteien, die ihre Vertretung im Parlament nicht geschafft haben. Praktisch bedeutet das, dass die erfolgreichste Partei einen Prozentsatz zwischen 36,4 und 42,69 Prozent benötigt, um eine absolute Mehrheit zu erzielen. In einem Acht-Parteien-Parlament, in dem 2,5 Prozent der Stimmen nicht vertreten wird, sollte der Prozentsatz der ersten Partei bei 40,4 Prozent der gültigen Stimmen liegen.
Der Staatspräsident, der vom Parlamentspräsident über die endgültigen Wahlergebnisse informiert wird, erteilt dem Vorsitzenden der Mehrheitsfraktion das Mandat zur Regierungsbildung. Wenn keine klare Mehrheit gegeben ist, muss der Vorsitzende der Partei, die über eine relative Mehrheit verfügt, mit Sondierungsgesprächen beginnen. Wenn innerhalb von drei Tagen keine mehrheitsfähige Koalition gebildet wird, dann bekommt der Führer der zweitstärksten Partei dasselbe Mandat. Nachdem die entsprechenden Bemühungen der dritten Partei sich als erfolglos erweisen, beruft der Staatspräsident eine Sitzung, an der alle Parteiführer teilnehmen. In der Sitzung wird versucht, eine überparteiliche Regierung zu bilden, die so schnell wie möglich neue Wahlen organisieren soll. Im Falle eines Scheiterns ernennt der Staatspräsident den Präsident eines der drei obersten Gerichte (Areopag, Staatsrat, Rechungshof) als Premierminister. Die Veröffentlichung von Meinungsumfragen zwei Wochen vor der Wahl ist in Griechenland verboten. Laut den jüngsten Umfragen, die Ende letzter Woche bekanntgegeben wurden, könnten bis zu zehn Parteien im nächsten Parlament vertreten sein. Eine Einparteiregierung scheint eher unwahrscheinlich.